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„Bücher- und Bunkerstadt“ Wünsdorf: Die verbotene Stadt

„Wjunsdorf“ eine kleine deutsch-sowjetische Stadt –

In der Bunkerstadt Wünsdorf gab es schon früher Geschäfte, Kindergärten, Schulen und Sportanlagen. Eine Leninstatue schaut noch heute schüchtern zwischen den kargen Ästen hervor und erinnert an eine Zeit, die heute undenkbar scheint. Denn die Bunkerstadt Wünsdorf ist eine ehemalige erprobte Anlage der deutschen Wehrmacht und später der sowjetischen Armee. Die Anlage befindet sich in der Gemeinde Zossen in der Waldstadt.  Der Zivilgesellschaft war das Betreten des Areals verboten, weswegen Wünsdorf auch als „verbotene Stadt“ bekannt wurde.

Während des Zweiten Weltkriegs nutzte die Wehrmacht den Standort als Kommandozentrale für ihre Operationen in Europa. Nach dem Krieg wurde die Anlage von der sowjetischen Roten Armee übernommen und erheblich erweitert. Unter der sowjetischen Herrschaft wurde Wünsdorf zum größten Militärstandort in Europa und diente als Kommandozentrale für die Truppen in der DDR.

Die Bunkerstadt Wünsdorf besteht aus einer Vielzahl von unterirdischen Bunkern, Tunneln und Verbindungsstraßen, die eine Fläche von etwa 30 Quadratkilometern abdecken. Viele der Bunker wurden erst in den 1990er Jahren entdeckt, als die sowjetischen Truppen abgezogen wurden und die Anlage für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Heute ist die Bunkerstadt Wünsdorf ein beliebtes Reiseziel für Touristen und Geschichtsinteressierte. Es gibt Führungen durch die Anlage und ein Museum, das die Geschichte des Standorts dokumentiert.

Das Stadtblatt hat eine Führung mitgemacht und erfuhr, dass die Bunkerstadt Wünsdorf während des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges eine wichtige Basis in Deutschland war. In der Bunkerstadt Wünsdorf wurde einst der Zweite Weltkrieg geplant. Die Bunkerstadt wurde als Truppenübungsplatz genutzt. Später waren Hitlers Panzereinheiten stationiert. Es entstanden zahlreiche Bunker, Tunnelsysteme und andere angestrebte Einrichtungen, um im Falle eines Angriffs Schutz zu bieten.

Heute gibt es viele Gebäude voller Geschichten und Erinnerungen, Trümmer gibt es auch. Viele Kasernen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gesprengt. Heute sind viele der Bunker- und Tunnelsysteme in Wünsdorf verlassen und verfallen. Einige der Gebäude wurden jedoch restauriert und zu Museen umgebaut, um Besuchern einen Einblick in die angebliche Geschichte des Ortes zu geben.

„Das ist kein verlassener Ort“, sagt Sylvia Rademacher beim Spazieren über die Anlage. Frau Rademacher, 59 Jahre alt, ist seit 2021 Geschäftsführerin der Bücherstadt Tourismus GmbH. Seit mehr als 25 Jahren befasst sich die GmbH mit der Geschichte der Bunkerstadt, Frau Rademacher ist schon über 16 Jahre Bunkerführerin.

Die Bücher- und Bunkerstadt Wünsdorf hatte einst Tausende Bewohner, heute pfeift nur noch der Wind durch die Gemäuer. Im einstigen Militärstandort scheint die Zeit still zu stehen. Nach dem Abzug der 40.000 russischen Soldaten im Jahr 1994 wurden die Gebäude des damaligen Militärstandorts Wünsdorf der Natur überlassen. Verwildert, verwittert und verlassen: ein Paradies für unzählige Tiere und Pflanzen.

Wünsdorf gilt wegen der vielen Antiquariate im Ort als einzige Bücherstadt Deutschlands. Leseratten wird hier einiges geboten. Bücher, die in der DDR gedruckt wurden, sind leicht an der gelben Farbe der Seiten zu erkennen.

Die Bunkerstadt präsentiert sich heute als ein freundlicher Ort mit dem Garnisonsmuseum, dem Russischen „Roter Stern“-Museum und dem Bücherstall sowie der Neuen Galerie als Kunstausstellung. Früher war der Ort allerdings „Nervenzentrum der Wehrmacht“.

Die Geschichte des Militärstandortes Zossen-Wünsdorf beginnt zur Wende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert. Unter Kaiser Wilhelm II. wurden im Areal ein militärisches Stammlager, ein Truppenübungsplatz und diverse militärische Einrichtungen aufgebaut. Während des Ersten Weltkriegs wurde in Wünsdorf zudem die erste Moschee Deutschlands errichtet, die von 1915 bis 1930 existierte. Sie befand sich im sogenannten Halbmondlager, einem Kriegsgefangenenlager im Ersten Weltkrieg. Die Holzmoschee wurde für islamische Kriegsgefangene gebaut, die man für eigene Zwecke instrumentalisieren und dazu bringen wollte, gegen die Kolonialmächte Russland, Frankreich und Großbritannien zu kämpfen.

Als Adolf Hitler 1933 an die Macht gekommen war, wurden in Wünsdorf die ersten Panzereinheiten der Reichswehr untergebracht. Während der nationalsozialistischen Besetzung wurde Wünsdorf zum strategisch wichtigen Punkt der Wehrmacht. Ende der 1930er-Jahre werden die Bunkeranlagen mit den Tarnnamen „Maybach I“ und „Maybach II“ sowie die Nachrichtenzentrale „Zeppelin“ erbaut. Hierhin verlegte im Jahr 1939 das Oberkommando des Heeres der nationalsozialistischen Wehrmacht sein Hauptquartier.

Frau Rademacher erzählte, dass zirka 2000 Arbeiter fast zwei Jahre brauchten, um die militärische Anlage zu bauen, und dass die Männer rund 400 Reichsmark im Monat für die Schwerstarbeit bekamen, was doppelt so viel war, was man woanders verdiente. Ein Volkswagen-Käfer konnte man ab 1938 mit 1000 Reichsmark kaufen und mit knapp 9 Reichsmark ein Fahrrad. Die Arbeiter verdienten so gutes Geld aber nur kurz, denn alle vier Monate wurden die Arbeiter damals ausgewechselt, da die Baumaßnahmen geheim gehalten werden sollten.

1941 begann dann der in Wünsdorf geplante Deutsch-Sowjetische Krieg. Alle Kasernen und Gebäude waren überirdisch als einfache Häuser wahrnehmbar. „Hier wurde der Zweite Weltkrieg geplant und durchgeführt. Der Stahlbeton, der hier verwendet wurde, ist besonders verstärkt. Auf einem Quadratzentimeter musste eine Last von 500 Kilogramm liegen können“, so Rademacher.

Die unterirdischen Bunkerstadt, von der aus die Kriegskommunikation gesteuert wurde, war für Piloten und Bodentruppen nicht sichtbar.

Wir liefen an einem Haufen zerbrochenen Stahlbetons vorbei, als Sylvia Rademacher sagte: „Das ist letzten Monat zusammengestürzt. Die Woche davor hatte ein Kollege noch darunter den Rasen gemäht. Hier zu arbeiten, ist nicht ganz ungefährlich.“

Nur ein paar Schritte weiter erzählt Sylvia Rademacher „Hier wurde der Plan für das Unternehmen Barbarossa erarbeitet“. Der „Fall Barbarossa“ ist der Deckname des Angriffskriegs der Deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion, der am 22. Juni 1941 offiziell den Deutsch-Sowjetischen Krieg eröffnete.

1945 wird die Bunkerstadt enttarnt und am 15. März 1945 bombte die 8. amerikanische Luftflotte die Bunkerstadt aus.

Viele Schutzbauten wie der Zeppelinbunker sind nicht zerstört worden trotz des Luftangriffes Durch eine dicke Stahltür, die zweieinhalb Tonnen wiegt, geht man in die unterirdische Bunkeranlage. Schnell versteht man, wie die vollausgestattete unterirdische Stadt funktionierte – ganz ohne Kontakt zur Außenwelt. Die Eingänge waren meist als Einfamilienhäuser getarnt, die Stahltüren waren mit Holz verdeckt. Einen Lastenaufzug gab es auch. Heute führt nur noch eine über 20 Meter lange Betontreppe nach unten und es wird immer kälter. Es bröckelt Farbe von den Wänden, größere Schäden gibt es aber nicht, abgesehen von einem breiten Loch in der Decke eines der Nachrichtenzimmer. Frau Rademacher berichtet: „als der Bunker noch in Betrieb war, hielt eine Heizungsanlage die düsteren Räume warm. Die vielen Rohre, die an den Wänden zu sehen sind, dienten aber nicht nur dem Heizen und der Zufuhr von fließendem Wasser, der Nachrichtenbunker der Deutschen Reichspost verfügte auch über eines der höchstentwickelten Luftpostsysteme der ganzen Welt.“ Es reiht sich auf der unterirdischen Tour Geschichte an Geschichte.

Mit den Bunkerführungen wird jedem Besucher vermittelt, was Kriege angerichtet haben – was Kriege anrichten.

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